Sonnenaufgang

Drachenfeuer Prolog

Ein kleiner Auszug aus dem Drachenfeuer-Prolog (AT).

Version: Erster Entwurf

Prolog

In tiefster Dunkelheit, weit draußen im vergessenen Moor, huschte etwas schwarzes durch das feuchte Dickicht.
«Mitten in der Nacht. Warum immer mitten in der Nacht.», murmelte es unter der Kapuze hervor. «Warum nicht einfach mal bei schönstem Sonnenschein.»
Die Gestalt wurde langsamer, bis sie ganz stehen blieb und sich umblickte.
«Ein schlechtes Gefühl. Verflucht! So ein schlechtes Gefühl im Bauch. Das verheißt nichts Gutes. Bei Gilberts Namen, das verheißt nichts Gutes.»
Gilbert strich die Kapuze vorsichtig über den kahlen Kopf und reckte die Nase in die Höhe.
«Riecht nach Gefahr.», flüsterte er. «Aber sie ist hier Draußen und hat mich gerufen. Braucht den alten Gilbert.»
Gilbert ließ die Schultern hängen und watete durch das sumpfige Gelände. Er konnte in der Dunkelheit gut sehen; besser als gewöhnliche Menschen. Er kniff die Augen zusammen und konnte in der Ferne sein Ziel erkennen: Ein mächtiger Baum, der sich in den dunklen Nachthimmel erhob. Seine Äste bewegten sich über die Landschaft, wie Arme, die nach etwas Unsichtbaren zu greifen versuchten. Gilbert fröstelte es.

«Da bist du ja endlich. Du machst einen Lärm, als ob du alle dunklen Mächte der Umgebung aufwecken willst.», sagte Faye. «Hast du dabei, worum ich dich gebeten habe?»
«Ja, große Meisterin. Aber es war nicht einfach –»
Faye erhob die Hand. Ein Zeichen für Gilbert still zu sein. Faye mochte nicht viele Worte. War meist still und nachdenklich. Aber sie war immer gut zu Gilbert. Hat ihm geholfen, als niemand für ihn da war. Ihr war egal wie Gilbert aussah. Andere fürchteten sich vor ihm. Dabei versuchte er immer alles richtig zu machen. Aber manchmal verstand er nicht alles und machte Fehler. Menschen mochten keine Fehler.
«Gilbert!»
Faye hatte ihre Hand nun zu ihm ausgestreckt und wartete darauf, dass er ihr jenen Gegenstand hineinlegte, der sie verlangt hatte. Gilbert war kurz abgelenkt – versunken in Gedanken –, einer seiner Fehler die ihm immer wieder zu unterlaufen schien.
Gilbert überreicht Faye die Glaskugel. «War nicht einfach.», gab er trotzig von sich. Wusste aber, dass seine Meisterin ihn nicht mehr wahrnahm. Sie musste sich jetzt konzentrieren.
Zuerst war nur ein leises Murmeln zu hören. Kaum mehr als das Flüstern des Windes, welche durch das Gras streifte, am mächtigen Stamm des Baumes hinaufzufließen schien und sich dann in einem wilden Tanz in den Stämmen und dem Geäst des Riesen in alle Himmelsrichtungen zu verteilen schien. Faye Stimme wurde langsam deutlicher zu verstehen. Zwischen den Worten konnte man ein Knistern vernehmen, als ob die Luft dazwischen mit Elektrizität geladen wäre. Gilberts Haare an den Armen standen von der Haut ab. Dann eine ungemütliche Stille, bevor das Glühen in der Kugel erst schwach und dann immer stärker wurde. Daraufhin schoss ein grüner Blitz aus der Kugel, schlängelte sich den Baumstamm empor, bis er von einem dicken Ast getragen, Richtung Berge strahlte.
«Jetzt gilt es zu warten.»
Fayes blickte dem Strahl nach, der sich in den fernen Bergen verlor. Sie lächelte. Doch dieses Lachen erreichte ihre Augen nicht. Sie sah traurig und müde aus.
Als sie sich dem Berg abwendete, hielt sie auf einen Stein in der Nähe zu. Sie war gerade im Begriff sich hinzusetzen, als ein Pfeifen durch die Luft schoss und Faye auf den Boden warf.
«Nimm die Kugel und versteck dich.», flüsterte sie. Faye war gerade dabei sich wieder aufzurichten. In ihrer linken Schulter war eine kreisrunde Öffnung zu sehen, aus der Blut hinausfloss. Viel Blut.
Erst da bemerkte Gilbert, wie die Kugel bereits wieder in seiner Hand lag. Er drehte sich um und lief. Lief so schnell er konnte. Er dachte die ersten Meter an nichts. Nur eine unbändige Angst hatte sich in ihm festgesetzt und ließ ihn um sein Leben laufen. Erst nach einer kurzen Zeit als ihm die Luft ausging, drückte er sich hinter einen großen Busch und versuchte Faye in der Ferne auszumachen. Er hätte zu seiner Meisterin stehen sollen, ihr helfen. Doch wie sollte er das tun. Der Angriff war mit Magie ausgeführt. Dies war etwas, dem er nichts entgegenzusetzen hatte und zumal hatte ihm seine Meisterin befohlen zu fliehen. Trotzdem fühlte er sich schuldig und nutzlos.
Sie hatte ihn vorbereitet auf so einen Moment. Sie wusste um die Gefahr und sie hatten Pläne für so einen Fall. Er konnte im Augenblick nur nicht klar denken. Er musste sich sogar zu atmen zwingen. Seine Hände zitterten und darin war die Kugel, die auf einmal in einem klaren Gelb leuchtet. Er hörte Stimmen und dann kamen Bilder. Viel Zuviel Bilder auf einmal. Jemand wollte ihm etwas mitteilen. Nein nicht ihm, Faye. Doch die war in einen Kampf verwickelt. Er konnte sie jetzt deutlich rufen hören. Dann erhellten Farben die Dunkelheit in der er Faye zurückgelassen hatte.
Gilbert biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf die Kugel in seiner Hand. Er konzentrierte sich auf die Stimmen und die Bilder. Er musste stark sein. Er musste so viel von der Nachricht retten, wie ihm möglich war, damit er Faye später alles mitteilen konnte.
Doch wenn sie bereits Tod war oder den Kampf nicht überleben würde?
Nein so durfte er nicht denken. Sie war seine Meisterin. Eine mächtige Meisterin der Magie. So leicht würde es niemand haben, der gegen sie antrat.
Doch das Blut, das viele Blut.
Nein, still. Konzentrieren.
Immer mehr sah er die Bilder vor sich. Stimmen im Hintergrund die er nicht verstand. Aber Bilder, Gesichter. Ja, da. Ein Junge und ein Mädchen. Warum waren sie so wichtig? Eine Krone, die zerbricht und zwei Drachen, die gegeneinander kämpfen. War das die Vergangenheit oder die Zukunft? War es geschehen oder wird es erst noch ereignen? Dann sah er sich, den Kindern gegenüber. Er sah sich aus anderen Augen selbst an. Das war nicht möglich. Er kannte sie nicht, hatte sie noch nie zuvor gesehen. War das eine Version der möglichen Zukunft? All das war Zuviel.
Die Kugel erlosch und damit auch alles Pulsieren der Stimmen und Bilder in seinem Kopf.
Gilbert drehte sich ein letztes Mal um, in die Ferne, wo seine Meisterin einen erbitterten Kampf austrug.
Dann rannte er zurück, woher er heute Nacht gekommen war. Er musste die Kugel unbemerkt zurückbringen. Dann konnte er für das Leben seiner Meisterin beten und hoffen. «Hoffnung ist ein schwacher Zauber.», hatte ihm Faye einmal anvertraut. «Aber wenn wir nicht anderes haben, ist Hoffnung der Samen, aus dem ganze Königreiche erwachsen können.»
Tränen verschwommen seine Sicht, aber er würde zurückfinden. Gilbert rannte, rannte so schnell er konnte, ohne ein einziges Mal zurückzublicken.

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